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Die Sachemit derMütze

Etwas Aufsehenerregendes ist heute geschehen. Zumindest für mich. Zu einer Uhrzeit, die ich aus Datenschutzgründen nicht nennen darf, fiel mir auf, dass meine Lieferantenmütze, die manche durch meine Berichte, manche durch eine Begegnung mit ihr schon kennen mögen, die, die ich zu tragen pflege, wenn hier zu ist, diese Mütze, angenehm zu tragen, farblich passabel, mit Wohlwollen geschneidert, ward verschwunden. Mir fiel es erst auf als ich mir auf den Kopf greifen musste, so wie man sich manchmal auf den Kopf greifen muss. Nun muss ich erwähnen, dass mir kurz zuvor, als ich die Tür zur Buchübergabe geöffnet habe, schon so war als wäre sie mir vom Kopf geschleudert. Meine ganze Erfahrung auf dem Gebiet der herumschleudernden Mützen ballend, trüffelschweinte ich sogleich innerhalb des zu erwartenden Einschlagsgebietes sorgenvoll herum. Erfolglos. Ratlos. Doch die Verunsicherung vertiefte sich weiter, als meine anwesende Kollegin auf meine Frage, ob sie mir denn, wenn ich ihre Freundlichkeit mit dieser erbetenen Auskunft nicht ungebührend strapaziere, so etwas läge mir fern, wo kämen wir denn da hin, in die Ferne ganz sicherlich, natürlich, aber das ist ja nur metaphorisch gemeint, also nichts weiter davon, nun, ob sie mir, wenn es ihr ehrlich gleichgültig ist, verraten könnte, ob sie vor noch einer Minute eine Mütze, möglicherweise gar auf meinem Kopf oben drauf, betrachten konnte, also auf diese Frage eine Verneinung zu erkennen gab, mehr noch, in den Raum stellte, ich hätte vielleicht gar keine getragen. Ich jedoch war zu fünfzig Prozent felsenfest davon überzeugt, wurde sie ja gerade erst weggeschleudert, das ist doch Beweis genug, Herrschaftszeiten.
Wenn die Mütze aber hier nicht ist, so detektivierte ich gestikulierend weiter, dann musste ich sie auf meinem kurzen, nicht lange zurückliegenden Flaniergang, der in der Besorgung von Erfrischungen seinen Mittelpunkt hatte, zurückgelassen haben. Da war mir doch, so erinnerte ich mich, auch so gewesen, als wäre mir die Mütze vom Kopf heruntergeschleudert. Es schadet also nicht, einen Kontrollgang zu unternehmen, vielleicht hat sie ja eine freundliche alte Dame beim Taubenfüttern gefunden oder der nette Obsthändler findet sie in seinem obsterfüllten Wagen und wir lachen beide herzlich über die verwunderliche Episode bevor wir unseres Weges ziehen, vielleicht liegt sie, auch das ist im Bereich des Möglichen, einfach auf dem Trottoir als wär nichts. Nichts dergleichen, so stellte sich heraus, die Hoffnung schwand ins Bodenlose.
Doch etwas hatte ich noch Ärmel, endlich sollte ich auszahlen, dass wir in unseren Raumwinkeln Videoaufnahmegeräte auf uns gerichtet haben, eine Art Privat-Truman-Show sozusagen, die mir das schier unlösbare Rätsel aufdröseln sollten. Und tatsächlich lag es schließlich vor mir, auf meiner Hand, die noch immer zittert. Die Aufnahme führt mich zurück zur Tür, geradewegs zu jener Situation, die ich anfangs verdächtigt hatte die Wahrheit zu verschleiern. In einem Bogen, der nur als spektakulär zu bezeichnen ist, schießt da die Mütze mit unheimlicher Geschwindigkeit mitten ins situationsbedingte Chaos, aller Gesetze der Physik zum Trotz, und verschwindet dort mit der Unterseite nach oben, und wird so beinahe zu Zukunftsperspektive für Archäologen. Doch am Ende wird diese Episode in anderen Geschichtsbüchern gebührend Eingang finden. Und zwar als Sieg, als Sieg nämlich über diese rätselhaften Geister, die danach trachten mein Leben so lächerlich als nur möglich erscheinen zu lassen.
Oder zumindest als Unentschieden, ja, meinewegen Unentschieden.