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Der Koffer

Blickt man zu dieser Zeit auf unseren Haus- und Vorhof, könnte einen glatt die Reise am Schlafittchen packen, so idyllisch liegt der Platz in der Gegend herum.
Gerecht verteilter Sand, halb bekleidete Menschen drauf, ja sogar kleine Seen nisten untergründig im Kieselreich. Es gilt also gedanklich die Koffer vollzuräumen, nicht zu vergessen auf all Dinge, die auch mal andere Luft vertragen könnten. Allem voran die Unterwäsche, sicherlich auch das ein oder andere der körperlichen Hygiene zuträgliche sowie die Identität für die Hosentasche. Dazu den klimatischen Bedingungen angepasste Ausgehröcke, einen ordentlichen Feitl für alle Fälle, und unbedingt zu viel von allem. Oh, und Bücher natürlich, vor allem wenn am Ziel sprachlich Unvertrautes zu erwarten ist. Und wie immer ist dies notwendigerweise mit schwierigen Fragen verbunden. Nicht einmal die, welche Bücher es sein sollen ist die vordringlichste (dafür gibts ja im Zweifelsfall eifrige Buchhändler*innen), erstmal ist es die Anzahl an Büchern, die streng, zumindest leidlich streng, festgelegt sein will. Spielverderbend zeigen begrenzter Platz wie auch Transportgewicht dabei ihre hässlichste Fratze, trotzdem wäre ein allzu niedriges Seiten-Tages-Verhältnis schlichtweg fatal. Doch nicht nur nicht zu spärlich darf die Auswahl sein, gleichzeitig muss dieses Kleinstsortiment auch eine möglichst bunte Breitfächerung zur Schau tragen, weiß man doch erst was einen wirklich dürstet, wenns einen dürstet. Und die (ideell) wertvolle Pracht- und/oder Erstausgabe, höchst empfindlich aus Prinzip, die kann keineswegs mit, robusterer Ersatz müsste im Falle her. So beginnt ein literarisches Schaulaufen, ein Zähneknirschen, ein Hände und Regal ringendes Gesichte und Gesiebe.
Es ist mir nach wie vor unmöglich eine allgemein gültige Ingredienzenliste zu präsentieren, doch meinethalben muss (unter anderem) mindestens ein Klassiker (nicht du, Ulysses), ein hochwohlgeschrobenes Werk (nicht du, Ulysses) und ein hinreichend verrücktes enthalten sein (nicht du, Ulysses).
Ich muss sagen, für mich war das Ergebnis bisher immer sehr zufriedenstellend. Und falls dem einmal nicht so ist: Man braucht schließlich auch etwas, auf das man sich zu Hause freuen kann.
P.S.: Weil der Einwand sicher kommt: eBooks sind keine Alternative, zumindest nicht für mich. Und bevor ich einen Sturm heraufbeschwör, gegen den Ulysses hab ich in irgendeiner Wirklichkeit gar nichts, schon gar nicht persönlich.
[Im Bild: Koffer, der. Illustration dem gleichnamigen Buch: https://bit.ly/3BgzlWF]