Experimente II
Eine Ausrede, warum heute abermals meine Kollegin ihr Rad durch die Straßen dieser kleinen, aus Wadlsicht aber nicht ganz so kleinen Stadt getrieben hat, darf ich mir heute sparen. Eher schon müsste ich mich als selbstloser Gönner, als wohltätiger, samaritischer Märtyrer, als house of no contest stilisieren*, wenngleich jeder diesbezüglicher Vergleich unzureichend ob meines milden Zuvorkommens wäre.
Denn das Auslieferantentum ist hier mittlerweile ein äußerst begehrtes Beschäftigungsfeld. Es winken frische, kaum verbrauchte Luft und "Sonne", sehr effektives Muskeltraining (was angeblich gesund ist), Abenteuer, Ruhm und Ehre. Ebenso inkludiert ist die Aufnahme in die edle Gilde der nimmermüden Lieferant*innen feinster Güter und Güter. Ich denke, ich habe das schon einmal erwähnt, doch um einzelnen Vermutungen entgegenzutreten, ich verbreite hier Mumpitz, sei berichtet, dass exakt dies eben jener Kollegin an diesem heutigen Tage, der nun angemessen im Kalender vermerkt wurde, widerfahren ist und zwar durch die unaufgeforderte Einweihung in den geheimen Zusteller*innengruß durch Gildenvertreter. Herzliche Gratulation! Mein Herz weitet sich zu einem saftigen Steak.
In der Buchhandlung lief indes, neben arbeitssamer Geschäfelei, ein weiteres, spannendes soziales Experiment mit äußerst magerer Ausbeute (oder auch nicht, wie man es sieht). Das hier auf dem Bild ausgestellte Schild schmückte ganztags unsere Auslage. Eigentlich sollte ja das Winken unsererseits nur erwidert werden, eine Spielregel, die ich meiner Kollegin, die sich einfach nicht beherrschen konnte, nicht rechtzeitig verraten habe. Ihr Winken ging ins emotionale Leere, also endete es trotzdem (oder gerade deswegen) eins zu null für uns.
Naja, die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit.
Ob und was dies nun über die Menschheit, den Status von Buchhändler*innen oder die Beliebtheit des Winkens aussagt, weiß ich jetzt leider noch nicht so ganz, ich erwäge weitere Studien. Bis bald!
*Das tue ich aber natürlich nicht.