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Tag 19Aufregung

Zufallszitat des Tages: Regal A bis Doy, viertes Regalbrett von unten, achtunddreißigstes Buch von links, S.150: „Niemals würde ein Pferd vor dem Institut halten und jemand rufen.“

Ein äußerst ungewöhnlicher Tag. Zum einen beehrte mich Besuch, Tatsache. Meine Kollegin, nun für eine Woche freigespielt, trat ihren ersten Schichtdienst an. Würdevolle Begrüßung auf Abstand, heiteres umeinander herumtänzeln in Folge. Sich daran gewöhnen, zu sprechen. Klappt leidlich.

Heißt auch: Hier herrscht plötzlich bei weitem mehr Ordnung als in letzter Zeit. Wie das so schnell passieren konnte, ist mir äußerst rätselhaft, da ich doch auch ständig um so etwas wie Ordnung bemüht war. Aber gerade deshalb bleibe ich sehr dankbar und um ein Stück erleichterter hier im Innendienst zurück. Richtig gehört – Innendienst! Zur Abwechslung wurden der Buchhändlerin sämtliche Bücher des heutigen Tages inklusive Lieferadressen anvertraut. Und da sind sie in guten Händen, glaubt mir. Obwohl ich meine, für diesen Tag mehrfach geübte Rede, die sowohl die überall lauernden Gefahren und Versuchungen für Boten unseres Ranges, die unwichtigsten Verkehrsregeln, einige, weder direkt noch indirekt damit zusammenhängende Episoden aus meinem Leben (zur Zerstreuung zwischendurch), sowie die geballte Erfahrung des Zen-Wegs des Lieferns aus drei (in Worten nochmals: drei!) Wochen vereinte, kam diese leider nicht zum Vortrag. Hat sie doch erstens auch mein hier vertipptes Tagebuch verfolgt und zweitens ist auch ihr mittlerweile klar, dass man bestimmte Dinge aus meinem Mund lieber nicht mit barer Münze aufwiegt.

Zweites Aufregungsepizentrum: Er, ihr wisst schon wer, kam und sprach: „Sperret eure Geschäfte kommende Woche wieder auf! Aber mit Vorsicht!“ So habe ich das zumindest verstanden. Und ich verstehe Sätze. Wir sind noch nicht ganz im Bilde, in welcher Form sich das abspielen wird, jedoch laufen erste Vorbereitungen. Wie spannend! Mehr dazu in Bälde.
Das bedeutet aber wohl auch, dass meine Ausflüge nebst Berichten in absehbarer Zeit wohl Geschichte(n) sind, anekdotische Schäume, bald vor Vergessenheit ergraut, eine Erzählung, die nur mehr bruchstückhaft zu seltenen Gelegenheiten vom einsamen Trinker, dem ohnehin niemand mehr glaubt oder gar zuhört, an der von Flecken unbestimmter Provenienz übersäten Bar gemurmelt, teilweise auch in die Leere des allgemeinen Geredes gebrüllt wird. Danke dafür, einsamer Trinker, ich geb dir einen aus.
Nun, ein paar Tage haben wir ja noch, bevor das Abstandsgewimmel wieder losgeht. Wir freuen uns vorsichtig.
Bis morgen, allerseits!

Im Bild: Ein gestern entdecktes, heute bedeutungsschwanger aufgeadenes Detail. Ein gedachtes Radschloss, als hätte jemand seine Lieferkarriere aufs Dach geworfen.